Das Meissener Formenarchiv, Herzstück der Manufaktur, bewahrt Formen für rund 9.000 Plastiken aus 300 Jahren Meissener Geschichte auf. Ihren Anfang hat diese Vielfalt in der Kreativität der Meissener Künstler des 18. Jahrhunderts, als um 1730 die sogenannte plastische Periode der Manufaktur beginnt. Mit ihr verschiebt sich der künstlerische Schwerpunkt von Nutzwaren nach ostasiatischem Vorbild auf die Produktion von Großplastiken, angefeuert von August dem Starken und der Ausschmückung des Japanischen Palais zum repräsentativen Porzellankabinett. Diese Periode ist unmittelbar verknüpft mit dem Namen Johann Joachim Kaendler, der 1731 nach Meißen kommt. Als Modelleur von lebensgroßen Tierplastiken macht er sich schnell einen Namen, widmet sich den anspruchsvollen Aufträgen des Kurfürsten und modelliert in rascher Folge epochale Objekte, die die Grenzen des Porzellans neu definieren. Tisch- und Tafelschmuck aus Zucker oder Marzipan wird zunehmend durch langlebigere Porzellanfiguren ersetzt. Sind es anfangs vor allem religiöse und mythische Themen sowie das Leben am kursächsischen Hof, die die Plastiken inspirieren, wendet man sich bereits Mitte des 18. Jahrhunderts volkstümlichen Sujets zu, modelliert ganze Serien von Handwerkern, Bergleuten, Bauern und Bettlern. Die zu dieser Zeit geschaffenen Figuren sind nicht nur richtungsweisend für andere europäische Manufakturen. Ende der 1830er Jahre beeinflusst das Rokoko das Schaffen der Manufaktur. Porzellanplastiken werden kleiner, ohne dabei an künstlerischer Substanz einzubüßen. Mit ihnen entstehen Techniken und motivische Bezüge, die das Schaffen Meissens bis heute prägen – von der „Kugelspielerin“ Walter Schotts im Jugendstil und dem „Fischotter“ von Max Esser bis hin zu den Porzellanausformungen von Jörg Danielczyk im 21. Jahrhundert. Der dokumentarischen Arbeit des Formenarchivs ist es zu verdanken, dass der Großteil Meissener Urmodelle bis heute erhalten ist, sich historische Figuren – auch Jahrhunderte nach ihrer Entstehung – originalgetreu wiederherstellen lassen.
Sammelfiguren
Meissener Sammelfiguren und Porzellanserien haben ihren Anfang in der gehobenen Tischkultur des 18. Jahrhunderts. Figuren aus Zucker, Marzipan oder Tragant sind im höfischen Leben des Spätbarocks unverzichtbarer Teil der Tafeldekoration. Sie begleiten jedes Festmahl mit hintergründiger Satire, verstecktem Humor und verschlüsselten Botschaften.
Mit der Erfindung des Hartporzellans fangen Meissener Kunsthandwerker an, die Zuckerbäcker in der Fertigung der Tafelaufsätze abzulösen. Die Lebensdauer verlängert sich und schon bald finden die Porzellanfiguren Einzug in die Kunstkabinette der Zeit. Mit steigender Nachfrage erweitert sich auch das Formenrepertoire der Manufaktur. Die Porzellansammlungen wachsen und werden vermehrt speziellen Themen untergeordnet und zunehmend kuratiert. Es ist der Beginn einer Sammeltradition für Meissener Porzellan, die bis heute währt.
„Die von MEISSEN geschaffenen Figuren prägen über verschiedene Epochen hinweg den Stil der europäischen Porzellanplastik nachhaltig.“
Amorfiguren
Amordarstellungen sind seit Mitte des 18. Jahrhunderts ein wesentlicher bestandteil von Meissens kreativem Repertoire und erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit. Nachdem bereits "Amor mit Shirt Meissener Dekorwelten" präsentiert wurde, ergänzen nun vier weiter Amor-Figuren diese Reihe.
Mit dem ORCHESTER KURIOSUM ist es der Künstlerin Maria Walther erneut gelungen, den Betrachter ihrer Werke in ihre Gedanken zu entführen. Ihre Figurenserie erzählt davon, sich mit größter Leidenschaft einer Passion hinzugeben. Die Protagonisten ihres Werkes - Sia Monica, Pierre Cussion, Viola da Gamba, Jay Tarro, Synthia und Tom Peter - fühlen sich ihren Instrumenten so nahe, dass sie mit ihnen verschmolzen sind. Inspirieren ließ sich die Künstlerin von einer asiatischen Mythologie nach der fantastische Wesen nachgesagt wird, Gegenstände zu beseelen und der Frage, was für ein Wesen wohl ihr Akkordeon wäre - geboren war die Idee zu Sia Monica.
Für seine Figurenserie LADIES & GENTLEMEN erinnert der Künstler Maximilian Hagstotz an die Werte des menschlichen Miteinanders. Werte wie Geduld, Pünktlichkeit und Respekt, welche bedauerlicherweise in der Gesellschaft an Wert verlieren über Bescheidenheit, werden in den Tierdarstellungen verkörpert. Ladies & Gentlemen sollen den Menschen daran erinnern, respektvoll und geduldig miteinander umzugehen und die Zeit des Anderen wertzuschätzen.
Zwischen 1904 und 1907 entstanden, markieren die „Hentschelkindern“ – benannt nach ihrem Schöpfer, dem Jugendstilkünstler Julius Konrad Hentschel – einen Wendepunkt in der Meissener Kleinplastik zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ausdruck, Stil und Sujet der Figuren sind damals ein Novum. Individuell und lebendig geschildert, zeigen die Kinderdarstellungen Szenen aus dem Alltagsleben. Jungen und Mädchen in einfacher Kleidung, versunken in das kindliche Spiel mit der Puppe, dem Hund, dem Stecken oder miteinander, sind in kleinsten Details von Hand ausgearbeitet und bemalt. Geschaffen werden mehrere der „Hentschelkinder“ ursprünglich in Verbindung mit Schreibtischgarnituren als Dekoration für den Arbeitstisch. In seinem ganz persönlichen Stil schafft der Jugendstilkünstler eindrückliche Momentaufnahmen faszinierender Lebendigkeit.
Mitte des 18. Jahrhunderts von Meistermodelleur Johann Joachim Kaendler entworfen, ist die „Affenkapelle“ ein herausragendes Beispiel des Meissener Barocks. Das Sujet der Singerie – Darstellungen von Affen, die auf oft parodistische Weise menschliches Verhalten imitieren – war damals insbesondere in Frankreich sehr beliebt. Ganze Räume ließ man von den Wänden über die Möbelstoffe und Teppiche bis hin zum Porzellan mit den komischen Szenen dekorieren.
Zeichnungen des berühmten französischen Singerie-Malers Christophe Huet dienten als Vorlage für dieses Ensemble aus Porzellan: im Stil des Rokoko ausstaffierte Affenfiguren, in kunstvoller Handarbeit zusammengefügt und detailreich bemalt. Aus den Brennöfen der Manufaktur gelangten die Figuren sehr schnell nach Paris zurück. So sicherte sich Madame de Pompadour, Mätresse von König Ludwig XV., 1753 eine der ersten „Affenkapellen“ überhaupt.
Mit der „Tierkinder“ Sammelserie präsentiert MEISSEN insgesamt fünfzehn detailreich ausgearbeitete Miniaturen, die sich bewusst von der naturalistischen Tradition der Manufaktur lösen. Stilisiert-verniedlicht, erhalten die Tierformen in den Malerwerkstätten eine von Hand aufgetragene Staffage in zurückhaltenden Pastelltönen. Charakteristische Züge von Affe, Hase, Katze oder Hund werden dabei in feinen Pinselstrichen hervorgehoben – eine partielle Staffage, die in künstlerischen Dialog tritt mit dem Schimmer und der lichtdurchlässigen Qualität des Meissener Porzellans. Farb- und Formensprache lenken die Aufmerksamkeit auf die großen, besonders ausdrucksstark ausgearbeiteten Augen der Tiere. Aus ihnen spricht der lieblich-kindliche Charakter der Serie.
Zum ersten Mal in ihrer langen Tradition der Tierplastiken setzt die Manufaktur Meissen mit der Figurengruppe des jungen Plastikers Maximilian Hagstotz die Big Five als stilistisch zusammenhängende Serie um. Für die Formgestaltung der Gruppe lässt sich Hagstotz von afrikanischen Holzplastiken inspirieren. Gelöst von einer rein naturalistischen Darstellung, verleiht er den Figuren durch eine kantige, fast geschnitzt wirkende Gestalt eine besondere Ausdruckskraft, welche die Stärke der Tiere einfängt. Mit der aufwendigen Staffage wird die künstlerische Auseinandersetzung mit Afrikas Big Five so konsequent wie handwerklich vollendet fortgesetzt: Voller Symbolkraft steht der grafische, an traditionelle Muster angelehnte Dekor im Kontrast zur Weißform des Porzellans und betont, partiell aufgetragen und mit filigraner Linienführung, die individuellen Wesenszüge der Tiere.
Mit der „Märchenfiguren“ Kollektion hat Peter Strang für MEISSEN eine ausdrucksstarke Interpretation der klassischen Grimm’schen Motive geschaffen. Der teils unheimliche Anklang der Geschichten weicht in der plastischen Darstellung einer heiteren, reduziert-kindlichen Formensprache, die an künstlerische Skizzen aus dem Atelier erinnert. Die Nutzung einfacher geometrischer Figuren – Kugeln für das Haar, Quader und Prismen als Rumpf oder Rechtecke als Hände – begründet dabei die markante Stilistik der Kollektion, die ihre Inspiration im Expressionismus findet. Bis ins Detail der Pinselführung, die einzelne Striche erkennen lässt, unterstreicht die sorgsame Ausarbeitung und fast kindliche Staffage den fröhlichen Charakter der „Märchenfiguren“.
Meissens Kreativdirektoren schaffen hier zusammen mit internen und externen Künstlern und Designern ausdrucksstarke Neuinterpretationen und treiben die künstlerische Entwicklung der Manufaktur voran.
Die Kunstwerke von Maria Walther erschaffen eine faszinierende Welt voller Symbolkraft und unerwarteter Geschichten aus Meissener Porzellan. Die Gestaltung dieser tief symbolischen Figuren ist dabei auf das absolut Wesentliche reduziert und spielt gleichzeitig in seiner Formgestaltung mit den Grenzen der Möglichkeiten in der Porzellangestaltung. Maria Walther möchte mit ihren Kunstwerken zum Innehalten und Nachdenken anregen. Bei der Ausgestaltung ihrer Plastiken legt die Künstlerin großen Wert darauf, den Betrachter mit ihrem Werk neue Blickwinkel zu eröffnen.
Die Kollektion „New Splendour“ umfasst drei Prunkschalen, einen Leuchter sowie eine Dose - Drei neu aufgelegte historische Formen, die mit großflächigen Blatt- und Blütenmotiven ausgestattet wurden.
„Orangerie“ umfasst Fruchtdosen und eine Schale in naturalistischem, monochromen und Glanzgold-Dekor. Letztere sind zeitgenössische Interpretationen historischer Originalformen aus dem 18. Jahrhundert.